banner

Unter “Impressum” finden Sie auch unsere Datenschutzerklärung gemäß DS-GVO...

Degeneration, Ethik- und Demokratieverlust...

Alles

Deswegen haben wir keine mehr. Lassen Sie uns dies ändern...

banner
line

Arzthaftpflicht...

Bereits seit 2004 sind auf dieser Seite die folgenden 10 Absätze zu lesen - Szenarien, wie sie uns auch heutzutage noch sehr bekannt vorkommen. Lesen Sie also ruhig weiter - der Inhalt hat nichts von seiner Aktualität verloren; auf aktuelle Entwicklungen bezogene Anmerkungen zum Thema folgen danach...(*)

Um es vorwegzunehmen. Ich habe von Hause aus eine hohe Meinung von weiten Teilen der heutigen Medizin und den Ärzten, die sich bemühen, diese anzuwenden. Keine hohe Meinung habe ich von dem hierzulande anzutreffenden Arzthaftpflichtrecht. Wir alle machen Fehler. Ärzte sind hier keine Ausnahme. Allerdings sind sie und ihre Haftpflichtversicherer in der glücklichen Lage, für Kunstfehler nur in einem vergleichsweise geringem Prozentsatz in Anspruch genommen zu werden, weil - nicht nur nach meiner persönlichen Meinung - die Beweislastverteilung für die Patienten in (zu) vielen Fällen eine nahezu unüberwindliche Hürde bei der Durchsetzung ihrer berechtigten Ansprüche aufbaut. Ich kenne Anwaltskollegen, die diese Hürden für oft schlimm geschädigte Patienten mit dem Begriff “menschenverachtend” verbinden, was an sich mit der gemeinhin bekannten Arztethik nicht recht in Einklang zu bringen sein dürfte. Wie bereits eingangs angesprochen: das Problem ist nicht das Fehlermachen! Dies ist jedem Menschen zu eigen. Die Frage ist vielmehr, ob es z.B. ethisch vertretbar ist, ein Einstandssystem hochzuhalten, in dem sich ein geschädigter Patient in der Situation wiederfindet, dem Arzt widerlegen zu müssen, dass dessen letzte Behandlungsmassnahme keinen Einfluss auf den kurze Zeit später an dem behandelten Körperteil eingetretenen Schaden hatte, auch wenn sich der Schaden gerade im Zentrum eines intensiv behandelten Körperbereichs realisiert hat. Freilich gibt es “unglückliche” und atypische (unvorhersehbare) Heilungsentwicklungen, für die die Verantwortung nicht beim Arzt gesucht werden kann. Das Problem ist nur, dass sich Ärzte sehr häufig in Arzthaftpflichtverfahren auf dieselben berufen und der sich wegen seiner unfreiwilligen Schädigung ohnedies “im Nachteil” befindliche Patient nach der von mir geteilten Auffassung vieler keine faire Chance besitzt, einen wahrheitsgemässen Einwand effektiv von der Schutzbehauptung zu trennen. Freilich ist die Situation schwierig. Oft lässt sich die Antwort auf die Verursacherfrage auch nicht objektivieren. Daher kann es auch nicht darum gehen, Ärzte “in die Pfanne zu hauen”, um schneller den Schmerzensgeldanspruch durchzusetzen. Vielmehr hat ein menschenwürdiges Arzthaftpflichtrecht der Tatsache Rechnung zu tragen, dass eine faire Risikoverteilung zwischen Arzt und Patient für den Fall einer Schädigung eintritt. Derzeit ist diese - und zwar nicht zuletzt wohl auch auf Veranlassung der Arzthaftpflichtversicherer - nicht gegeben.

   Der Patient, der oft noch bei der Behandlung in Narkose liegt, ist in der aktuellen Situation nicht nur durch seine Schädigung betroffen, er muss sich im Ergebnis auch das “Defizit” entgegenhalten lassen, bei seiner Behandlung nicht als sachkundiger Medizinkenner “neben sich” gestanden zu haben, um den Behandlungsverlauf zu dokumentieren. Wer sich vor Augen führt, dass in einschlägigen Arzthaftpflichtprozessen häufig nach den bis zum Prozess regelmässig beim Arzt liegenden Patientenunterlagen Gutachten von Gutachtern erstellt werden, die einer standesrechtlichen Kollegialitätspflicht zum begutachteten Arzt unterliegen, der muss schon deutliches Unwohlsein verspüren. Wenn man bedenkt, dass der Bundesgerichtshof überhaupt erst vor nicht allzu vielen Jahren erstmals einen Anspruch des Patienten auf Herausgabe der Patientenunterlagen bejaht hat, dann vermag man sich vorzustellen, welche Widerstände ärztlicherseits Transparenzbemühungen lange Jahrzehnte begegnet sind. Ähnlich wie bei der den Menschenrechten entspringenden Forderung nach einem “fair trial” (fairen Gerichtsverfahren), in dem der Beschuldigte nicht zum Objekt des Verfahrens degradiert werden darf, darf der Patient auch nicht zum Objekt medizinischer Leistung werden. Hierzu gehört aber nicht nur, dass er in seine Patientenunterlagen ungehinderten Zugang bekommt, sondern in einer fairen Risikoverteilung im Schadensfalle Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld erlangen kann. Wenn “von Hause aus” in der Position des Arztes eine “eklatante Problemlosigkeit” festzustellen ist, den Patienten im Schadensfalle bei der Erfüllung seiner Beweislast “leerlaufen” zu lassen, während der Arzt einen immensen Vorteil von einem entsprechenden Vorgehen besitzt (Haftpflichtversicherung/Ruf etc.), dann muss allein wegen der hohen Eintrittsneigung ein Risikoausgleich zugunsten des Patienten Platz greifen. Böse Zungen behaupten, die Ärztelobby hätte ein solches, in anderen Bereichen mit vergleichbarer Interessenlage durchaus übliches Korrektiv bislang erfolgreich abgewehrt. Würde ich dies glauben, so kämen bei mir doch starke ethische Zweifel auf. Fest steht, dass die bisher zur Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten führende Feststellung eines groben Behandlungsfehlers (BGH) die Situation nicht bereinigt, weil der Nachweis eines groben Behandlungsfehlers seinerseits überhaupt nur in seltenen Fällen gelingt. Es ist also ein System zu schaffen, mit dem der Patient selbst in Zweifelsfällen über die Schuld des Arztes entschädigt werden kann, wobei gerade das Offenlassen der Schuldfrage Rufschädigungsprobleme vermeidet. Allerdings bleibt - wie sollte es anders sein - die Frage der Kostendeckung über Versicherer, welche einer menschlichen Lösung entgegenzustehen scheinen. Wenn wir - wie in anderen Bereichen auch - hier nicht eine Priorität festzumachen in der Lage sind, dann können wir viele Anforderungen an ein menschenwürdiges Gemeinwesen ohnedies vergessen.

   Zum vorläufigen Abschluss des Themas möchte ich aus meiner Anwaltspraxis kurz von einem beispielhaften Fall berichten, der das ganze Dilemma besonders verdeutlicht. Eine Patientin, die nach meiner festen Überzeugung durch eine Falschbehandlung einen Kunstfehler erlitten hat, wurde nur durch eine narbenintensive Notoperation, der eine belastende Nachversorgung folgte, gerettet. Gegen den Arzt wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung von der Staatsanwaltschaft ermittelt, worauf dieser den Einwand vortrug, nach seiner Behandlung wäre eine unglückliche, unvorhersehbare Verschlechterung bei der Patientin eingetreten, die er nicht zu vertreten hätte. Die Staatsanwaltschaft liess hierauf durch einen Gutachter, den Ordinarius einer deutschen Universitätsklinik, das Verschulden klären. Das Gutachten bestätigte die Aussage des behandelnden Arztes. Nachdem das ausschliesslich nach den Patientenunterlagen des beschuldigten Arztes gefertigte Gutachten vorlag und nach meiner Auffassung diverse unhaltbare, logische Widersprüche aufwies, lies die Staatsanwaltschaft fünf (!) Mal Ergänzungen zu dem Gutachten fertigen, welche nicht nur mich allesamt nicht überzeugt haben. Dennoch wurde das Verfahren unter Bezugnahme auf dieses Gutachten eingestellt. Im Schmerzensgeldverfahren gegen den behandelnden Arzt - dieses ist grundsätzlich nicht vom Strafverfahren abhängig (kein Präjudiz!) - trat ein weiterer Universitätsprofessor als Gutachter auf, der weiten teils eine völlig andere Auffassung, als der Gutachter aus dem Ermittlungsverfahren vertrat. Allerdings gab er zu bedenken - mehrfach in seiner Aussage betonend, keine Kollegenschelte betreiben zu wollen (!) -, dass er nicht mit Sicherheit behaupten könne, ob der Patientin ohne die von ihm fehlerhaft gesehene Behandlungsführung der weitere Leidensweg erspart geblieben wäre. Näher befragt nach der Kausalität (Ursächlichkeit) der Falschbehandlung für die Leiden der Klägerin (Not-/Folgeoperationen), gab er zu verstehen, dass der gesamte (schmerzensgeldbegründende) Leidensweg der Patientin mit einer Sicherheit zwischen 10% und 90% nicht eingetreten wäre, wenn der Arzt die nach seiner Auffassung korrekte Behandlung vorgenommen hätte. Hiermit sah das Gericht die Beweislast der Patientin für die Ursächlichkeit der Fehlbehandlung als nicht erfüllt an, da es aus den Worten des Gutachters nur einen “einfachen Behandlungsfehler” entnommen hatte. “Einfach” deshalb, weil der behandelnde Arzt ja einen so schweren Behandlungsfehler nicht begangen haben kann, wenn ihm selbst der Gutachter im Ermittlungsverfahren Recht gegeben hatte...

   Aber noch lange nicht genug! Der Ehemann der Patientin erklärte in seiner Zeugenaussage vor dem Landgericht, er hätte der ersten Behandlung des Arztes beigewohnt, um seiner Ehefrau - der betroffenen Patientin - beizustehen; hierbei hätte der Arzt ausgerufen, dass die Wunde ja bereits übel riechenden Eiter enthalte. Der Ehemann schilderte den Ablauf der Behandlung detailliert und nach meiner Ansicht absolut nachvollziehbar; das Gericht hielt seine Zeugenaussage jedoch für nicht glaubwürdig, und zwar in erster Linie deshalb, weil sie nicht zu der vom Arzt verfassten Patientenkartei “passte”. Überraschenderweise wies die Patientenunterlage für den ersten Behandlungstag einen Kurzvermerk auf, wonach von der Arzt keinen Eiter gefunden haben will; in der Unterlage erschien ein durchgestrichener Kreis und das Wort “Pus” (=Eiter). Es stellte sich nämlich selbst bei der im übrigen bedenklichen Begutachtung im Ermittlungsverfahren heraus, dass ein Eiterfund in der ersten Behandlung bei der zuckerkranken Patientin ärztlicherseits eine sofortige Antibiotikagabe und eine gezielte Eiterabführung hätte auslösen müssen; beides ist zu diesem Zeitpunkt unstreitig nicht erfolgt. Auf Grund erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der Patientenunterlagen, nach denen schliesslich das Gutachten zu fertigen war - es befanden sich erkennbare Veränderungen im Schriftbild bei Zwischeneintragungen und offenbar nachträglich vorgenommene “Einkopierungen” in der Patientenkartei - wurde gegen den Arzt erneut Strafanzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft stellte auch das hierauf in die Wege geleitete Ermittlungsverfahren mit einer “verblüffenden” Begründung ohne tiefgehendere Prüfung der Unterlagenfälschung ein: Eigene Unterlagen dürfe der Arzt verfälschen, weshalb keine Urkundenfälschung vorläge, während ein (versuchter) Betrug mangels feststehendem Schaden ausscheide; schliesslich würde erst in dem laufenden Zivilverfahren am Landgericht geklärt werden müssen, ob ein Schmerzensgeld begründender Kunstfehler anzunehmen sei, der einen für den Betrugstatbestand vorauszusetzenden Schaden bei der betroffenen Patientin auslösen könne. Führen wir uns vor Augen, was diese “Begründung” in Wahrheit bedeutet: Verfälscht ein Arzt die Patientenunterlagen, um sich prozessuale Vorteile zu verschaffen, so wird sich eine Gutachtenerstellung immer nach diesen Unterlagen richten, mit denen er sich schwer tun wird, den Zivilprozess zu gewinnen, also einen definitiven Schaden/Kunstfehler zu beweisen. Die Katze beisst sich also böse zu Lasten des Patienten in den Schwanz!

   Aber damit noch immer nicht genug! Gegen das abweisende Urteil des Landgerichts wurde schliesslich Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hielt die Berufung zwar für zulässig - was im Zuge der rechtsstaatlich bedenklichen Reform des Zivilprozeßrechts im Jahre 2002 schon eine “Wohltat” für jeden Berufungsführer darstellt - und wertete nunmehr eindeutig einen bewiesenen Eiterfund bei der Erstbehandlung als schmerzensgeldbegründend, kam im Zuge einer mündlichen Verhandlung jedoch zu dem Ergebnis, dass der Berufungsführerin der Nachweis eines Eiterfundes bei der Erstbehandlung nicht gelungen sei. Das Erstaunliche hierbei ist, wie das Oberlandesgericht eine umfassende Kette an solchen von der Berufungsführerin vorgelegten Beweisen und Indizien zu Gunsten des behandelnden Arztes kommentierte. Der Arzt hatte in diversen Schriftstücken sofort im Anschluss an die als Schlaf-OP ausgeführte Erstbehandlung u.a. gegenüber dem überweisenden Kollegen, der AOK-Abrechnungsstelle etc. ein per definitione “eitriges” Krankheitsbild bestätigt, indem er stets den Begriff “Abszess” im Diagnosevermerk verwendete; das Oberlandesgericht wertete diese Bezeichnung - in weiterer Unterordnung unter die anderslautende, vor dem Prozess immer in der alleinigen Verfügung des Arztes gestanden habende Patientenunterlage - als in Ärztekreisen übliche, unverbindliche Verdachtsdiagnose, welche die Beweislast der Berufungsführerin nicht erfülle; im übrigen sei - in Verehrung der neuen Zivilprozessordnung 2002 - die Wertung des Erstgerichts zur mangelnden Glaubwürdigkeit der Aussage des Ehemannes der Berufungsführerin nicht widersprüchlich...

   Nachdem sich ein Rechtsmittel in der Sache zum Bundesgerichtshof gegen die Nichtzulassung der Revision durch das OLG wegen der Streitwerthöhe (unter 20000.- EURO) nicht eröffnete, blieb hier im Zuge der Rechtswegerschöpfung nur die Möglichkeit, den sehr langwierigen Weg der Verfassungsbeschwerde einzuschlagen. Deren Einlegung hat keinen Suspensiveffekt, kann also die Folgen eines rechtskräftigen Verfahrensabschlusses nicht aufhalten. Mittlerweile hat der betreffende Arzt, der nach meiner festen Überzeugung nicht nur vor Gericht die Unwahrheit gesagt, sondern auch den Ehemann meiner Mandantin damit konsequenterweise der Lüge bezichtigt hat, seiner Patienten neben ihren schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch noch die Zwangsvollstreckung seiner gerichtsbegleitenden Kosten beschert...

   Unsereins überlegt sich natürlich eine Weile, über einen Fall wie den zuvor geschilderten, zu berichten.Im heute verbreiteten schwarz-weiß-Denkschema sucht man für den Ausgang eines derartigen Verfahrens zuerst freilich stets die Schuld beim Prozessvertreter; wenn alsdann noch eine “solide Gemeinschaft an staatlicher und gutachterlicher Opposition” die formellen Verfahrensergebnisse stützt, dann entgleitet einem sehr leicht die Motivation zur Differenzierung. Nachdem mir allerdings immer mehr hochgeschätzte Kollegen gleichartig deprimierende Verfahrensentgleisungen dargelegt haben, bin ich der festen Auffassung, dass sich etwas ändern muss (Originalton eines Kollegen: “die enorm gewachsene Ärztefreundlichkeit der Obergerichte, das deutsche Arzthaftpflichtrecht und... vergiss es!”). Im übrigen kann der zuvor geschilderte Fall noch als Glücksfall für verfügbare Beweismittel gelten, zumal auch die Mandantschaft in lobenswerter, bestmöglicher Weise Beweismittel gesichert hatte und häufig mit ihrem Ehemann dem Arzt gegenüber getreten ist. Aber was nützt dies, wenn das Gericht Mittel und Wege findet, unverständlicherweise die Aussage einer Partei (glaubwürdiger Arzt) über die eines Zeugen (unglaubwürdiger Ehemann) zu stellen ?

   Viele meiner Kollegen beklagen die in den letzten Jahrzehnten immer schlechter werdende Gesetzgebung, worin ich ihnen fraglos folge. In einer kürzlich veröffentlichten Festschrift für einen sehr renommierten Professor der Rechtswissenschaft war zu lesen, dass Recht heutzutage in vielen Bereichen kaum mehr kalkulierbar ist. Der Professor zitiert z.B. seitenweise Auszüge aus den Änderungen des BGB im Jahr 2002 (SchuldrechtsänderungsG) und kommt schliesslich zu dem Ergebnis: “Es wird schwerfallen, rational nachvollziehbare Schlussfolgerungen aus solchen Texten zu ziehen”. Die extreme Zunahme offener Rechtsbegriffe und Generalklauseln sowie Mehrdeutigkeiten bei gleicher Begrifflichkeit in Gesetzen schafft eine Situation, in der Menschen sich selbst nach der Konsultation ihres Anwalts oft überhaupt nicht einmal mehr näherungsweise ausrechnen können, wie - ggf. wirtschaftlich völlig ruiniert - sie ein Prozessgeschehen verlassen. Nur beiläufig sei angemerkt, dass derselbe Professor in einem Seitenhieb auf die in den letzten Jahren ebenso spürbar nachlassende Richterschaft anmerkt, dass sich hier eine rechtsstaatlich besonders bedenkliche “Spielwiese” für machtorientierte und geltungssüchtige “Oberbeamte” auftut, auf der viel zu viele Spielregeln von Gerichtspersonen als - wie im Rechtsstaat wünschenswert - einer qualitativ angemessenen Legislative (Gesetzgeber) bestimmt werden. Wenn Sie bereits den Beitrag dieser WEB-Site über die Arztlobby gelesen und die vorstehenden Zeilen aufmerksam verfolgt haben, dann werden Sie wohl auch ein Gespür bekommen, wann unter den derzeitigen Bedingungen das bereits lange währende und dennoch überaus (rechtsstaatlich) extrem bedenkliche deutsche Arzthaftpflichtrecht einer Änderung entgegensehen wird...

   Auch meine Kontakte zum bayerischen Verein Medizingeschädigter e.V. hat eine resignative, verbitterte Situation offenbart: Der zweite Vorsitzende - selbst auch wie die anderen Vereinsmitglieder persönlich betroffen - liess mich wissen, dass der von mir geschilderte Fall keine seltene Ausnahme darstellt, sondern ihn und seine Kollegen im Verein nicht im geringsten überrascht. Zu Recht verwies er abschliessend auf die Situation der zahllosen Patienten, deren Beweislage noch deutlich “unglücklicher” ist. Dabei mag man zusätzlich beachten, dass der von meiner Kanzlei in der zuvor geschilderten Sache betriebene Rechercheaufwand im Normalfall - eingeschworene Anwaltskritiker aufgepasst! - niemals durch die entstandenen Gebühren abgegolten würde, ich also tatsächlich “draufgezahlt” habe. Meine diversen Kontakte mit Medizinern, von denen übrigens diejenigen, die meiner tiefsten Überzeugung in dieser Sache entsprachen, ihre Auffassung entweder vor Gericht nicht wiederholen wollten oder ob ihres Mutes zu “niedere Ränge” bekleideten, als dass sie für den Herrn Ordinarius als Sachverständigen ein grösseres Auseinandersetzungsproblem dargestellt hätten (“der Kollee...ge vertritt eine andere Auffassung, die ich als... nicht teile...”) und meine (auch von der ersteren Gruppe von Medizinern unterstützte) Lektüre an medizinischer Literatur wäre wirklich mit dem üblichen Gebührenansatz nicht annähernd auszugleichen gewesen; indes können auch in einem Anwalt “gebührenunabhängige Kräfte” hochkommen, wenn er sich nach jahrzehntelanger Praxis logikwidrige Statements anhören muss, deren Gültigkeit lediglich durch das Mäntelchen des Kompetenzträgers zum Tragen kommen sollen. Und ich betone hier ausdrücklich, dass ich mich immer schon problemlos auch mit ablehnenden Entscheidungen, die in vertretbarer Weise (logisch) begründet waren, abfinden konnte; in der geschilderten Angelegenheit war die ablehnende Entscheidung jedoch wegen zu vieler Widersprüche und Logikfehler nicht nur für mich nicht nachzuvollziehen, sie ist trotzdem von einem Obergericht ergangen. Wenn die Macht, streitentscheidende Inhalte auszufüllen (Richter/Sachverständiger zum schmerzensgeldbegründenden “groben” Kunstfehler” - wo fängt er an wo hört er auf ?), keinen ausreichenden Kontrollmechanismen und rechtlichen Konkretisierungen mehr unterworfen ist - und dies ist trotz des Etiketts “Rechtsstaat” bei uns in immer mehr Rechtsbereichen der Fall, dann ist dir gefährliche Mutation zum Scheinrechtsstaat in vollem Gange (“Alles ruhig, wir haben ja einen!”). Und wer unter uns kann nicht von dessen (erste oder zahlreiche ?) Anzeichen berichten, die überzeugende Hinweise darauf liefern, dass bereits zu viele Personen mit Entscheidungsbefugnis der kaum nachweisbaren Verlockung erlegen sind, sachfremden Kriterien bei ihrer Entscheidung den Ausschlag geben zu lassen (“Macht vor Recht!”); und wenn dies im Falle von Arzthaftpflichtverfahren “nur” die stärkere Hingezogenheit eines Richters zum sich “akademisch vornehm einlassenden” Arzt ist oder diejenige des Sachverständigen zum zu begutachtenden Berufskollegen, dem man laut Standesordnung schliesslich überhaupt nicht unkollegial begegnen darf. Vor diesem Hintergrund kann ich viele meiner Kollegen verstehen, die hinter vorgehaltener Hand bereits die Intensität der Ärztefreundlichkeit des jeweiligen Gerichts bewerten, wobei meines Wissens noch keiner eine Skala mit Null- oder Minuswerten verwendet hat (=Patientenfreundlichkeit!!!). Dies sollte zu denken geben. Ich persönlich werde jedenfalls - auch in der zuvor beschriebenen Angelegenheit, soweit sich noch Wege eröffnen - das mir Mögliche tun, um die vorbezeichnete Situation zu entlarven und zu bekämpfen. Darüberhinaus sollten wir - wie bei vielen anderen Themen dieser WEB-Site - niemals vergessen, dass wir oder Angehörige von uns die nächsten Betroffenen sein können, aber dann...

Anmerkung: Der Verfasser dieser Seite meint davon ausgehen zu können, dass das vorbezeichnete Verfahren nicht wesentlich von folgender Tatsache beeinflusst wurde: Der behandelnde Arzt liess zwischendurch in der Verhandlung “zwanglos fallen”, dass sein Vater als Richter tätig gewesen sei...(*)

[Home] [Absichten-Ziele] [Allg.Übersicht] [Demokratie...] [Ethik] [Geldwirtschaft] [Gesellschaft] [Justiz] [-Arzthaftpflicht] [-Beschneidung] [-BVG-Urteil] [-Internetkrim.] [-Selbstanzeige] [-Strafjustiz] [-Täteranalytik] [-NSU-Prozess] [Medien] [Politik] [Themenausbl.] [Zukunftsvision] [Kontakt] [Impressum] [Migrationspakt] [Flüchtlingskrise]